Ooty (bzw. Udagamandalam )

Wir haben nicht gut geschlafen, da wir ja schon um 5 Uhr aufstehen mußten, um den Bus von Kochi nach Ernakulam und dann um 7 den Zug nach Coimbatore zu bekommen. Erstaunlicherweise hat alles auf die Minute geklappt. Die Zugfahrt war schön, zum letzten Mal Kerala mit den vielen Reisfeldern, Bananenwäldern und unzähligen Palmen. So schön und sauber ist Tamil Nadu nicht, was uns wieder sofort auffiel als wir in Coimbatore ankamen. Eine ziemlich furchtbare Industriestadt wo wir nur kurz Mittag gegessen haben und dann gleich mit dem Bus weiter gefahren sind. Wir saßen ganz vorne mit unseren Reisetaschen und es ging in Serpentinen auf über 2000m Höhe. Der Bus war alt und kroch sehr langsam die Strassen hinauf. Der Motor fing an zu kochen aber das schien normal zu sein. Der Beifahrer machte während der Fahrt die Motorhaube neben dem Busfahrer ab, drehte den Kühler auf, so daß das Kühlwasser durch den Bus spritzte und goß kaltes Wasser nach. Es wurde immer kühler. Draußen liefen die Leute schon in Pullovern und in Decken gehüllt herum und auch wir holten unsere warmen Sachen aus den Taschen. Insgesamt dauerte die Fahrt fast 5 Stunden für 80 Km. Die Landschaft war wieder mal ganz anders. Teeplantagen wechselten sich ab mit terrassierten Gemüsefeldern und felsigen Bergabschnitten. Es gab keine Strohhütten mehr sondern Steinhäuser. Bei der Ankunft in Ooty bzw Udagamandalam wofür Ooty die umgangssprachliche Kurzform ist, waren wir zunächst sehr enttäuscht. Die Hauptstrasse voller Verkehr, Dieselgestank, Staub, schlechte sandige Strasse, schmuddelige Gegend. Wir nahmen das nächste Tuk Tuk und ließen uns zu unserer aus dem Reiseführer ausgesuchten Unterkunft bringen, dem YWCA (Young Women Christian Association) einer Art Jugendherberge.


Ooty von unserer Jugendherberge aus gesehen

Ein Essen reicht für zwei!

Wir bekamen ein kleines Zimmer, sehr sauber alles, mit großem Speisesaal, Aufenthaltsraum und mit Möbeln im Kolonialstil eingerichtet. Die Herberge lag getrennt von einer Pferderennbahn auf einem gegenüber der Stadt gelegenem Hügel und es war sehr ruhig hier. Wir besorgten uns noch ein paar zusätzliche Decken und kramten schon mal alle warmen Sachen aus unseren Taschen. Die 18 Grad kamen uns sehr frisch vor, nachdem wir uns an die 35 Grad an der Küste gewöhnt hatten. Wir nahmen nun einen zweiten Anlauf auf Ooty und entdeckten auch gleich einen schönen Markt. Die Händler hatten ihr Obst und Gemüse sauber zu Pyramiden aufgestapelt. Es gab hier einfach alles: alle Gemüsesorten, Reis, Dhal, Blumen, Gewürze, Öle, Kräuter und ein Stückchen weiter eine gepflasterte Einkaufsstrasse mit Bürgersteigen und sehr modernen Geschäften mit Klamotten, Hifi- und Haushaltsgeräten. Das hatten wir so in ganz Asien noch nicht gesehen. Es wimmelte vor Touristen, allerdings zu 99% Inder, die sich hier offensichtlich mit Waren aller Art eindeckten. Entweder es war hier billiger zu bekommen als anderswo oder vielleicht steuerfrei oder das Klima inspirierte einfach mehr zum Schoppen. Außerdem wurden an vielen Buden Knaller und Raketen verkauft, was hatte das nun wieder zu bedeuten?
Abends wollten wir in unserer Herberge essen. Wir wurden von einem Ober an einen mit karierter Tischdecke gedeckten Tisch geleitet, es gab weiße Porzellanteller und Besteck, das hatten wir auch in Indien noch nicht erlebt. Der Ober meinte noch: "Ein Essen reicht für zwei"... was wir nicht so ganz verstanden, bis er nacheinander Chappatis, Reis, Dhal und verschiedene Currys brachte. Das war also eine Portion und die reichte tatsächlich allemal für uns!

Die Nacht war furchtbar kalt. Wir schliefen mit allen Sachen an und zwei Wolldecken übereinander und froren trotzdem. Wir freuten uns auf die "hot shower" in unserem Badezimmer, die uns die nette Dame an der Rezeption extra angepriesen hatte, aber solange wir auch warteten, das Wasser kam nur eiskalt aus der Brause. Jörn zog sich wieder an und fragte an der Rezeption nach, was denn mit der heissen Dusche wäre. Wir sollten an die hintere Tür klopfen sagte sie uns. Wir gingen wieder ins Bad, klopften an die hintere Tür, die sogleich geöffnet wurde und dort stand ein alter Mann an einem riesigen holzbefeuerten Kessel mit heißem Wasser, schöpfte zwei große Eimer heraus und goß sie in den Warmwasserbehälters unseres Badezimmers. Nun kam heißes Wasser aus der Dusche. Tat das gut! Die steifen Knochen tauten wieder auf und das Frühstück mit Idlis, scharfer Soße und einer großen Kanne Tee weckte unsere Lebensgeister. Unsere Erkundungstour konnte weiter gehen. An der Rennbahn vorbei kamen wir an einen großen See mit viel Wald drumherum. Eine herrlich frische Luft, klar und friedlich, kaum Menschen, keine Autos auf unserem Wanderweg. Unsere Skepsis von gestern wich nun einer positiven Zuversicht. Die Sonne kam höher und zumindest im Sonnenschein wurde es dann auch wärmer. An einer Seite des Sees war viel Betrieb. Es gab dort Restaurants, Cafés und Bootsverleihe. Musik schallte vom Ufer herüber und eine Menschenmenge stand dort dicht gedrängt. Wir mieteten uns ein Ruderboot und schauten vom See aus, was dort vor sich ging: Es wurde ein Film gedreht. Einer der berühmten Bollywood-Filme mit viel Tanz und Musik und hier in Ooty werden häufig die romantischen Schlußszenen gedreht, wie uns später ein Zuschauer erzählte.


Bollywood live!


Die lebhafte Innenstadt von Ooty

Nach unserer Ruderboottour umrundeten wir den See weiter und kamen wieder in die Stadt. Es war Wochenende und es wurde voller und voller. Zudem sollte morgen ein hinduistischer Feiertag sein. Nach ein paar Snacks auf dem Markt gingen wir in den botanischen Garten, der für asiatische Verhältnisse ganz ansehnlich war. Wir setzten uns unter einen Baum auf eine Bank und wollten eigentlich nur ein wenig ausruhen, waren sicher schon wieder -zig Kilometer gelaufen heute. Kaum saßen wir, kam wieder mal eine 20köpfige Großfamilie an und fragte nach "Familienfoto mit Touristen", na gut, das kannten wir ja schon, es blieb aber nicht die einzige. Kaum war die eine Familie abgezogen, kam die nächste und nach der dritten Fotosession hatten wir auch keine Lust mehr. Irgendwo bildete sich gerade eine große Menschenmenge und was war da los? Bollywood die zweite, Schlußszenen im Botanischen Garten. Wir schauten den Schauspielern, Kameraleuten und Regisseur eine Weile zu. Dann verschwand die Sonne langsam hinter den Hügeln und schlagartig wurde es wieder kalt, so kalt, daß wir erstmal nach Hause gingen und uns unter unsere Bettdecken einkuschelten. Was sollten wir machen? Wir hätten noch eine Woche Zeit für Ooty aber bei diesen Temperaturen? Uns fehlte unser Moped, das wir auf unseren anderen Asienreisen immer gemietet hatten. Dann konnten wir schöne Touren machen und mußten nicht den ganzen Tag herumlaufen. Für Inder mag Ooty eine kühle Oase sein, wir würden noch früh genug ins winterliche Deutschland zurückfliegen, wir wollten noch ein wenig Wärme tanken! Wir beschlossen noch einen Tag zu bleiben und dann weiter nach Mysore zu fahren. Das Essen am Abend war mal wieder ein Erlebnis. Wir wurden von drei Obern bedient und umsorgt und wie gestern reichte ein Essen absolut für zwei.
Für die Nacht besorgten wir uns noch ein paar extra Decken und damit ging es einigermaßen. Am nächsten Tag war Diwali, ein hinduistischer Feiertag. Schon am Morgen wurde ordentlich geknallt und das ging auch den ganzen Tag so weiter, wobei die Knallenden vorzugsweise die Böller anderen Leuten vor die Füße warfen. In der Stadt war es uns daher echt zu "gefährlich" und wir beschlossen eine Wanderung auf den 2800 Meter hohen Doddabetta Berg. Ein Stückchen fuhren wir noch mit dem Bus, dann wanderten wir entlang der Strasse durch die dichten Wälder und schließlich eine lange Treppe auf den Gipfel hinauf. Oben angekommen war leider nicht viel zu sehen, da die Wolken sehr tief hingen. Aber immerhin gab es ein Tee-Restaurant. Wir kamen mit einer Gruppe von Ärzten ins Gespräch, die uns von Mysore und seinem Palast vorschwärmten. Da wollten wir ja sowieso hin. Für den Rückweg nahmen wir einen anderen fast 15 Km langen Weg, der erst durch Kiefern- und Eukalyptuswälder, und schließlich durch kleine Dörfer an terrassierten Hängen führte. Überall wurden wir freundlich gegrüßt. Im Ort angekommen hatte sich die Böllerei noch um einiges gesteigert, so daß wir uns lieber in unser YWCA verzogen, wo abends ein großes Lagerfeuer angezündet wurde und mit heißem Tee angestoßen wurde. Dazu gab es eine Riesenböllerei, Leuchtkugeln und Raketen und wir fühlten uns wie Sylvester und stießen statt aufs neue Jahr auf unsere letzte Woche Indien an: Morgen ging es wieder ins Getümmel und in die tropische Hitze, wie schön, wir freuten uns auf Mysore!

...und wieder Familienfoto...

...und wieder Bollywood!

Dorf am Berghang

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